Umzugsurlaub: Besteht ein rechtlicher Anspruch?

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Ein Umzug steht an und frisst nicht nur Geld, sondern vor allem auch Zeit. Was läge da näher, als den Arbeitgeber um Umzugsurlaub zu bitten?

Umzugsurlaub: Anwälte erklären

Schon allein das Wort „Umzugsurlaub“ klingt toll. Es besagt, dass hier jemand zusätzliche Freizeit zugestanden bekommt, um seinen Umzug durchzuführen. Kein Verlust der Arbeitszeit, die nachgearbeitet werden muss, kein Verlust von wertvollen Urlaubstagen. Einfach ein Sonderurlaub, der zur Erledigung der wichtigsten Dinge, die mit dem Umzug in Zusammenhang stehen, genutzt werden kann.

Wer selbstständig arbeitet, kann von einem solchen Umzugsurlaub nur träumen. Selbstständige müssen ihren  Umzug clever planen, um möglichst wenig unproduktive Zeit zu generieren. Gerade dann kann es sinnvoll sein, Arbeiten an ein Umzugsunternehmen auszulagern. Dabei sollten im Vorfeld aber mehrere Angebote eingeholt und Preise für den Umzug verglichen werden.

Wer online arbeitet, kann sich wenigstens seine Arbeitszeit einteilen und somit dann arbeiten, wenn das Umzugsunternehmen nicht aktiv ist und die Ämter geschlossen haben. Und alle anderen? Wie sind die Regelungen für Angestellte und Beamte?

Das Bürgerliche Gesetzbuch besagt in seinem Paragraf 616, dass ein Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf eine bezahlte Freistellung von der Arbeitszeit hat, wenn er durch Gründe, die nicht in seiner Person verschuldet sind und sich als erheblich darstellen, an der Erbringung seiner Leistung gehindert wird. Der Umzugsurlaub wird hier nicht explizit genannt und präsentiert sich damit als Sonderfall, der individuell entschieden werden muss.

Meist wird ein Unterschied zwischen einem normalen Umzug und einem Umzug in die Nähe der Arbeitsstätte gemacht. Ist diese also nach dem Umzug in kürzerer Zeit zu erreichen (wobei von Fahrwegen von wenigstens zehn bis zwanzig Kilometer weniger ausgegangen wird), kann dem Antrag auf Umzugsurlaub durchaus entsprochen werden. Ein genereller Anspruch entsteht dadurch aber nicht.

Video: Was ist Sonderurlaub? Wer hat Anspruch auf Sonderurlaub? | Betriebsrat Video

Umzugsurlaub: Unter welchen Voraussetzungen ist er möglich?

Rechtlich gesehen meint der Begriff „Sonderurlaub“ nichts anderes als eine Freistellung von der Pflicht zur Leistungserbringung gegenüber dem Arbeitgeber. Nach dieser Definition hätte der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Vergütung für die Zeit, in der er den Sonderurlaub in Anspruch nimmt. Im allgemeinen Sprachgebrauch entwickelt sich der Begriff des Sonderurlaubs allerdings eher dahin gehend, dass es sich um eine vorübergehende Verhinderung handelt, die es dem Arbeitnehmer nicht möglich macht, seine vertraglich vereinbarte Leistung zu erbringen.

Voraussetzung für den Sonder- und damit für den Umzugsurlaub ist, dass ein sogenanntes Arbeitsverhältnis im Vollzug vorliegt. Das heißt also, dass alle die Angestellten, die sich im Wehr- oder Zivildienst oder in Elternzeit befinden, vom Antrag auf Sonderurlaub generell ausgeschlossen sind.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass sich der Grund für den Anspruch in der Person des Arbeitnehmers findet. Eine Naturkatastrophe würde somit als Grund ausscheiden.

Das Zauberwort, um den Umzugsurlaub genehmigt zu bekommen, ist Diplomatie!

Das Zauberwort, um den Umzugsurlaub genehmigt zu bekommen, ist Diplomatie! (#02)

Genereller Anspruch auf Umzugsurlaub?

Viele Arbeitnehmer gehen nun davon aus, dass sie einen Rechtsanspruch auf Umzugsurlaub haben. Immerhin sehen sie die Tatsache, dass sie selbst umziehen, als Grund, der „in der eigenen Person“ liegt. Doch der genannte Paragraf 616 BGB geht davon aus, dass der Grund ohne Verschulden der Person vorliegt. Wer sich nun demnach dafür entscheidet, umzuziehen, hat den Grund selbst verschuldet. Er hat den Umzug veranlasst und wurde nicht durch andere Umstände oder Personen dazu gezwungen.

Schon mit einem sehr alten Urteil vom 25.04.1960 hat das Bundesarbeitsgericht einen gesetzlichen Anspruch auf Umzugsurlaub verneint (Az.: 1 AZR 16/58). Nur in wenigen Einzelfällen sei der Anspruch begründet, wenn es dem Arbeitnehmer zum Beispiel nicht zuzumuten sei, seine Arbeitspflicht unter den gegebenen Umständen zu erbringen. Hier ist von den „Regeln von Treu und Glauben“ die Rede sowie von der Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber.

Im Einzelfall wird es somit immer darum gehen, welche konkreten Umstände vorliegen. Warum beantragt der Arbeitnehmer den Umzugsurlaub? Außerdem spielt die Länge des Sonderurlaubs eine entscheidende Rolle. Braucht ein Angestellter nur einen Tag, um die nötigen Behördengänge zur Ummeldung zu erledigen, wird ein Arbeitgeber dem Urlaubsantrag eher stattgeben, als wenn jemand eine ganze Woche freihaben und dies auch noch bezahlt haben möchte.

Somit werden die individuellen Umstände bei einer Entscheidung berücksichtigt und es müssen die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenübergestellt und gegeneinander abgewogen werden. Der Arbeitnehmer oder Beamte soll in der Regel alles dafür tun, dass eine Arbeitsverhinderung vermieden wird.

Wichtig zu wissen: Auch das Bundesurlaubsgesetz sieht keine Regelungen dazu vor, dass jemand einen generellen Anspruch auf Sonderurlaub für seinen Umzug hat.

Bisher war die Rede davon, dass der Arbeitnehmer umzieht, weil persönliche Gründe vorliegen. Doch was ist, wenn das Unternehmen seinen Standort verlegt oder der Arbeitnehmer in einer anderen Filiale eingesetzt werden soll?

Bisher war die Rede davon, dass der Arbeitnehmer umzieht, weil persönliche Gründe vorliegen. Doch was ist, wenn das Unternehmen seinen Standort verlegt oder der Arbeitnehmer in einer anderen Filiale eingesetzt werden soll?(#03)

Umzugsurlaub, weil das Unternehmen umzieht?

Bisher war die Rede davon, dass der Arbeitnehmer umzieht, weil persönliche Gründe vorliegen. Doch was ist, wenn das Unternehmen seinen Standort verlegt oder der Arbeitnehmer in einer anderen Filiale eingesetzt werden soll? Wird der Zusatzurlaub dann genehmigt? In der Regel kann sich der Arbeitnehmer dann auf § 616 BGB berufen, sofern der Umzug innerhalb der Arbeitszeit stattzufinden hat.

Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst gibt in § 29 Anhaltspunkte für die Dauer des Umzugsurlaubs vor und ist damit auch für Beamte bindend. Diese tarifvertraglichen Regelungen werden auch dort angewendet, wo der entsprechende Tarifvertrag gilt. Das heißt, wenn sich ein Unternehmen ansonsten auf den Tarifvertrag beruft, muss es dies auch in puncto Umzugsurlaub tun.

Das Zauberwort, um den Umzugsurlaub genehmigt zu bekommen, ist Diplomatie!

Das Zauberwort, um den Umzugsurlaub genehmigt zu bekommen, ist Diplomatie! (#04)

Umzugsurlaub für Angestellte: Tipps, damit er genehmigt wird

Das Zauberwort, um den Umzugsurlaub genehmigt zu bekommen, ist Diplomatie! Wer zu seinem Chef geht und ihm die sprichwörtliche Pistole auf die Brust setzt, weil er unbedingt am Umzugstag freihaben möchte, darf sich wohl schon bald über eine längere Freistellung aufgrund der Kündigung freuen.

Es lohnt sich, ein wenig Verhandlungsgeschick und Diplomatie zu beweisen, um den Sonderurlaub zu bekommen! Zuerst gilt es, den eigenen Arbeitsvertrag genau zu lesen. Sind dort bereits Regelungen für Sonderurlaube enthalten?

Wenn nicht, sollte das Gespräch mit allen Beteiligten gesucht werden:

  • mit den Kollegen, die am Umzugstag die Arbeit übernehmen müssen
  • mit der Personalabteilung, die Hinweise zur üblichen Verfahrensweise im Unternehmen geben kann
  • mit dem Betriebsrat, der die Arbeitnehmer vertritt
  • mit dem Abteilungsleiter

Es ist durchaus hilfreich, seinem Chef gegenüber eine Lösung für die Arbeit präsentieren zu können, die am Umzugstag liegen bleiben würde. Sagen die Kollegen zu, bestimmte Aufgaben zu übernehmen oder gibt es eine Möglichkeit, etwas vorzubereiten oder bereits vorzuarbeiten, hat der Angestellte deutlich bessere Chancen im Gespräch mit dem Vorgesetzten.

Die meisten Chefs zeigen sich als durchaus verständnisvoll und gewähren den zusätzlichen Tag Urlaub, wenn der übliche Arbeitsablauf dennoch gesichert ist. Ist eine komplette Freistellung nicht möglich, bietet sich eventuell ein Kompromiss an. Manche Arbeiten können eventuell von zu Hause aus erledigt werden bzw. am Wochenende im Büro.

Vielleicht ist es auch möglich, lediglich ein paar Stunden früher zu gehen oder wenigstens eine Freistellung zu den Öffnungszeiten der öffentlichen Ämter zu bekommen, damit Beantragungen und Ummeldungen vorgenommen werden können. Generell sollte ein Arbeitnehmer diplomatisch vorgehen, denn wenn es hart auf hart kommt, hat er kein Recht auf die bezahlte Zusatzfreistellung.

Es sollte möglichst genau erklärt werden können, welche Tätigkeiten des Umzugs nicht am Wochenende oder in der Zeit nach der Arbeit durchführbar sind.

Es sollte möglichst genau erklärt werden können, welche Tätigkeiten des Umzugs nicht am Wochenende oder in der Zeit nach der Arbeit durchführbar sind.(#04)

Auch die folgenden Tipps können bei den Verhandlungen mit dem Vorgesetzten zum Thema Umzugsurlaub helfen:

  • Es sollte möglichst genau erklärt werden können, welche Tätigkeiten des Umzugs nicht am Wochenende oder in der Zeit nach der Arbeit durchführbar sind.
  • Organisatorische Aufgaben sollten genau benannt werden können. Warum muss der Handwerker zu dieser Zeit kommen und warum sind Behördengänge nicht an einem anderen Tag möglich?
  • Eventuell lassen sich einige Termine kombinieren. Solch ein Versuch sollte dem Chef dargestellt werden, damit dieser den guten Willen dazu erkennt, so wenig Arbeitszeit wie möglich dafür zu verbrauchen.
  • Das Angebot von Kompensation der versäumten Zeiten und Tätigkeiten ist ebenfalls hilfreich. Eventuell lässt sich die Zeit mit Überstunden oder Sonderschichten wieder ausgleichen. Die meisten Chefs werden darauf verzichten und die zusätzlichen Freistunden gewähren.
  • Eventuell muss das Vorhaben vorbereitet werden: Vorherige Überstunden, die dann abgebummelt werden können, sind durchaus hilfreich. Außerdem sollte darauf verwiesen werden, dass es sich um eine einmalige Ausnahme handelt. Auch der Hinweis darauf, dass über die Regelung Stillschweigen bewahrt wird, kann nützlich sein. Wer bisher nur wenige Fehlzeiten vorzuweisen hat, kann auch darauf verweisen.
  • Ist eine Notlage vorhanden? Vielleicht kann gerade niemand einspringen, weil der vorgesehene Babysitter krank geworden ist und am Umzugstag nicht zur Verfügung steht oder weil ein Helfer ausgefallen ist. Bitte nicht jammern, sondern die Notlage sachlich darstellen.
  • Eventuell ist der Vorgesetzte auch vor einiger Zeit umgezogen. Eine kleine Erinnerung daran kann hilfreich sein!

Natürlich sind auch diese Tipps keine Garantie dafür, dass der Antrag auf Umzugsurlaub wirklich gewährt wird. Doch die meisten Vorgesetzten zeigen sich menschlicher als ihr Ruf und stehen einem offen vorgetragenen Anliegen wohlwollend gegenüber. Es lohnt sich, wenn Ausgleichszeiten angeboten werden, denn dies zeugt vom guten Willen des Arbeitnehmers.


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