Um einen Überblick über die finanzielle Situation eines Unternehmens zu erhalten, müssen Sie dessen Bilanzen verstehen. Hier lernen Sie einige wichtige Grundlagen der Bilanzanalyse kennen.
Die Bilanzen eines Unternehmens verstehen: Eine schwierige Aufgabe?
Eine Bilanz gibt genauen Aufschluss über die Vermögenswerte und über die Liquidität eines Wirtschaftsunternehmens. Diese Informationen sind sehr hilfreich, um dessen finanzielle Situation genau zu verstehen. Auf diese Weise lässt sich herausfinden, ob der Betrieb hohe Schulden hat, die seine wirtschaftliche Existenz gefährden oder ob er auf einem soliden Fundament steht.
Obwohl all diese Informationen in der Bilanz aufgeführt sind, fällt es vielen Menschen schwer, damit umzugehen. Das liegt daran, dass diese auf den ersten Blick schwer verständlich ist. Die Ausdrücke, die hier Verwendung finden, sind für Laien häufig erklärungsbedürftig, sodass sie die entsprechenden Informationen nicht verstehen. Für manche Menschen wirkt dieses Werk bereits auf den ersten Blick so verwirrend, dass sie sich überhaupt nicht darin einarbeiten. Wenn Sie sich jedoch zunächst über den grundsätzlichen Aufbau und die Inhalte der Bilanz informieren, stellt dies keine schwere Aufgabe mehr dar. So erhalten Sie einen genauen Überblick über die Finanzen eines Unternehmens.
Video: Bilanz – Grundbegriffe der Wirtschaft
Bilanzen verstehen: Weshalb ist dies so wichtig?
Die Bilanz ist in erster Linie für das Finanzamt von Bedeutung. Anhand der Angaben, die das Unternehmen hier macht, berechnet es die Steuern, die für die Geschäftstätigkeit anfallen. Da es nicht einfach ist, die Bilanz selbst zu erstellen und da es hierbei sehr wichtig ist, Fehler zu vermeiden, übernimmt diese Aufgabe in den meisten Unternehmen ein Buchhalter oder ein Steuerberater. Insbesondere bei Kleinbetrieben ist der Geschäftsführer mit dem Rechnungswesen nicht vertraut, sondern kümmert sich um die praktische Arbeit. Die Buchführung übernimmt ein Fachmann, den er mit dieser Aufgabe beauftragt. Dennoch sollte auch der Geschäftsführer die Bilanzen verstehen. Auf diese Weise kann er selbst überprüfen, ob sich sein Unternehmen positiv entwickelt, ob Risiken bestehen und ob ausreichen Liquidität vorhanden ist.
Nicht nur der Geschäftsführer sollte die Bilanzen verstehen, die sein Unternehmen erstellt. Auch für Investoren ist es wichtig, einen genauen Blick auf die hier verfügbaren Informationen zu werfen. Das gilt nicht nur für Großinvestoren, die einen erheblichen Anteil eines Wirtschaftsunternehmens aufkaufen möchten. Auch kleine Aktionäre profitieren davon erheblich. Wenn Sie Ihren mühsam erarbeiteten Lohn dafür verwenden möchten, um Aktien zu kaufen, dann möchten Sie sicherlich, dass sich das Geld vermehrt. Wenn es hingegen zu einer Insolvenz kommt, sind Ihre Ersparnisse in der Regel zunichtegemacht. Selbstverständlich gibt es keine sichere Methode, um solche Ereignisse vorherzusagen.
Wenn ein Unternehmen jedoch hohe Verluste macht, die das Eigenkapital übersteigen, dann stellt dies ein erhebliches Risiko dar. Auch die Liquidität geht aus der Bilanz hervor. Engpässe in diesem Bereich führen dazu, dass das Unternehmen den Forderungen kurzfristig nicht mehr nachkommen kann – selbst wenn es eigentlich wirtschaftlich gesund ist. Die Insolvenz ist häufig die Folge daraus. Um die Risiken einer Investition besser abschätzen zu können, ist es daher sehr sinnvoll, sich die Bilanz der entsprechenden Gesellschaft vor dem Aktienkauf genauer anzusehen. Aktiengesellschaften, deren Anteile frei handelbar sind, müssen ihre Bilanz öffentlich machen, sodass diese Informationen frei zugänglich sind.
Auch bei der Entscheidung über eine zukünftige Arbeitsstelle ist es sinnvoll, sich die Bilanzen des potenziellen Arbeitgebers genau anzuschauen – falls diese öffentlich zugänglich sind. Wenn hier hohe Verluste auftauchen, denen nur ein geringes Eigenkapital gegenübersteht, dann bedeutet dies, dass die finanzielle Situation nicht einfach ist. Das bringt auch für die Mitarbeiter unruhige Zeiten und manchmal sogar den Verlust des Arbeitsplatzes mit sich. Daher ist es eventuell besser, nach einem anderen Jobangebot zu suchen. Auch hierfür müssen Sie die Bilanzen verstehen, um sich ein genaues Bild von der finanziellen Situation zu machen.
Die Bilanzen stellen auch für viele Arbeitnehmervertreter im Betriebs- oder im Aufsichtsrat ein großes Problem dar. Hierbei handelt es sich häufig um Arbeitskräfte, die sich im Rahmen ihrer Berufsausbildung nicht mit dem Rechnungswesen befasst haben. Wenn sie jedoch in eine entsprechende Funktion gewählt werden, müssen sie die Bilanzen verstehen, um fundierte Entscheidungen für den Betrieb zu treffen.
Zu welchem Zeitpunkt muss die Bilanz erstellt werden?
Wer die Grundlagen der Bilanzen verstehen will, muss zunächst wissen, wann und zu welchem Zweck die Unternehmen diese überhaupt anfertigen. Die Bilanz ist Teil des Jahresabschlusses. Diesen muss jeder Wirtschaftsbetrieb einmal pro Jahr durchführen. Viele Unternehmen machen dies zum Abschluss des Kalenderjahres – also jedes Jahr zum 31. Dezember. Es ist jedoch auch möglich, das Geschäftsjahr unabhängig vom Kalenderjahr festzulegen. Der Abstand zwischen zwei Bilanzen beträgt stets genau ein Jahr.
Bilanzen verstehen: Welche Punkte sind hier aufgeführt?
Eine Bilanz ist stets in zwei Seiten aufgeteilt: Die Aktiv- und die Passivseite. Die Aktivseite gibt an, welches Vermögen das Unternehmen aufweist. Die Passivseite gibt hingegen Aufschluss darüber, woher dieses Vermögen kommt. Jede dieser beiden Seiten weist verschiedene Unterpunkte auf.
Die Aktivseite umfasst beispielsweise das Sachanlagevermögen. Dieses umfasst Werte, die dem Betrieb längerfristig zur Verfügung stehen – beispielsweise Gebäude und Maschinen. Ebenfalls der Aktivseite zugeordnet sind die immateriellen Vermögensgegenstände. Dabei handelt es sich meistens um Patente und Lizenzen. Auch längerfristige Finanzanlagen werden hier aufgeführt. Hinzu kommt das Umlaufvermögen. Das sind Werte, die kurzfristig zur Verfügung stehen. Das können Rohstoffe und Bauteile, die für die Produktion benötigt werden, sein. Auch fertiggestellte Produkte, die noch nicht verkauft sind, fallen in diesen Bereich. Kurzfristige Forderungen an Handelspartner, Wertpapiervermögen sowie liquide Mittel runden das Umlaufvermögen ab. Hinzu kommt häufig ein Rechnungsabgrenzungsposten. Dieser umfasst Vorgänge, bei denen die Bezahlung bereits vor dem Jahresabschluss getätigt wurden, deren Leistung jedoch erst später erfolgt.
Die Passivseite umfasst unter anderem das Eigenkapital. Dieses setzt sich aus dem gezeichneten Kapital – das die Eigentümer ohne zeitliche Befristung zur Verfügung gestellt haben – sowie der Kapital- und der Gewinnrücklage zusammen. Außerdem kommt der Jahresüberschuss hinzu. Darüber hinaus umfasst die Passivseite Fremdkapital. Dieses beinhaltet Mittel, die andere Unternehmen oder Personen zur Verfügung stellen – beispielsweise Banken durch einen Kredit oder Lieferanten, deren Rechnungen noch nicht beglichen sind. Die einzelnen Punkte, die zum Fremdkapital gehören, sind Sonderposten und Verbindlichkeiten.
Bei einem gesunden Unternehmen enthalten die Aktiv- und die Passivseite in der Summe genau den gleichen Betrag: die Bilanz ist ausgeglichen. Problematisch wird die finanzielle Situation jedoch, wenn die Passivseite einen geringeren Wert aufweist als die Aktivseite. Dieser Fall tritt ein, wenn der Verlust des Unternehmens größer als das gesamte Eigenkapital ist. In diesem Fall spricht man von einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag. Wenn dieser in der Bilanz auftaucht, muss das entsprechende Unternehmen in der Regel Insolvenz anmelden.
Die Liquidität: Einer der wichtigsten Punkte der Bilanz
Für einen Buchhalter ist es außerdem sehr wichtig, zu wissen, welche Liquidität ein Unternehmen hat. Wenn kurzfristige Verbindlichkeiten oder Ausgaben anstehen, ist es notwendig, diese schnell zu begleichen. Langfristige Sachanlagen helfen in diesem Fall in der Regel nicht weiter. Daher ist es sinnvoll, den Liquiditätsgrad zu berechnen. Dieser wird bei der Buchführung ebenfalls ermittelt und ist aus der Bilanz abzulesen. Er ergibt sich aus den kurzfristigen Vermögenswerten, die im Bereich Umlaufvermögen aufgeführt sind. Diese werden durch die kurzfristigen Verbindlichkeiten geteilt. Weist der Liquiditätsgrad einen Wert von 1 oder höher auf, gilt das Unternehmen als liquide.
Bilanz, Gewinn-und-Verlustrechnung, Anhang: Aus diesen Bestandteilen besteht der Jahresabschluss
Um die wirtschaftliche Situation eines Wirtschaftsunternehmens zu bewerten, müssen Sie nicht nur die Bilanzen verstehen, sondern den gesamten Jahresabschluss. Dieser umfasst neben der Bilanz auch die Gewinn-und-Verlustrechnung, in deren Rahmen der Buchhalter den Unternehmensgewinn berechnet. Hinzu kommen die Anlagen. Diese sind in erster Linie für das Finanzamt von Interesse. Darin hat das Unternehmen die Möglichkeit, ungewöhnliche Posten genauer zu erklären. Sollte das Finanzamt hier Auffälligkeiten entdecken, die nicht hinreichend im Anhang erklärt sind, kann es zu einer Betriebsprüfung kommen.
Video: Was ist der Unterschied zwischen der Bilanz und der Einnahmenüberschussrechnung?
Bilanz oder Einnahmenüberschussrechnung?
Die Bilanzanalyse und das Rechnungswesen sind recht komplizierte Aufgaben, für die die meisten Betriebe einen Buchhalter einstellen. Der Geschäftsführer sollte zwar die Bilanzen verstehen, in der Regel ist es jedoch nicht notwendig, dass er sich selbst um die Buchführung kümmert und die Bilanzen selbst erstellt. In Kleinstbetrieben fehlen jedoch häufig die Mittel, um einen Buchhalter mit der Bilanzerstellung zu beauftragen. Allerdings ist dies häufig überhaupt nicht notwendig. Es gibt noch ein weiteres Mittel, um die Gewinne eines Unternehmens beim Finanzamt anzugeben: die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR). Diese ist deutlich einfacher aufgebaut, sodass es hierfür nicht notwendig ist, dass Sie die Details der Bilanzen verstehen.
Allerdings ist es wichtig, darauf zu achten, dass die EÜR nur in genau festgelegten Fällen erlaubt ist. Freiberufler können dieses Mittel grundsätzlich immer verwenden – unabhängig von ihrem Gewinn und von ihrem Umsatz. Gewerbebetriebe dürfen jedoch nur dann eine EÜR einreichen, wenn ihr Umsatz unter 350.000 Euro beziehungsweise ihr Gewinn unter 30.000 Euro pro Jahr liegt.
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